ver.di Potsdam-Nordwestbrandenburg

Fragebogen zum Klinikum Ernst von Bergmann

Frage 1:
Die kommunalen Haushalte - auch der Stadt Potsdam - entwickeln sich dramatisch. Der Eigentümer Stadt erwartet das Erwirtschaften einer Rendite durch das Klinikum und seine Tochtergesellschaften. Dabei hat in den letzten Jahren der wirtschaftliche Druck durch gesetzliche Veränderungen in der Refinanzierung der auf die Krankenhäuser ebenfalls zugenommen. Die Folge ist, dass die Leistungen bei steigenden Fallzahlen (Patienten) von weniger Beschäftigten erbracht werden müssen. In Anbetracht des zunehmenden wirtschaftlichen Drucks und einer hohen Renditeerwartung ist die Arbeitsbelastung der beschäftigten - zu Lasten der Patienten - enorm angestiegen.

Wie sehen Sie vor diesem Hintergrund die Zukunft des Klinikums und seiner Tochtergesellschaften als kommunales Unternehmen?

Zunächst einmal muss die medizinische und soziale Betreuung der PatientInnen wieder das Hauptkriterium für die gesamte Entwicklung des städtischen Klinikums werden. Einsparungen dürfen nur erfolgen, wenn sie diesem Ziel nicht entgegenstehen. Gesundheit ist keine Ware. Nach unserem Verständnis sollten städtische Betriebe sich generell durch eine transparente und demokratische Kultur auszeichnen. Im Gegensatz dazu weigert sich die Stadtverwaltung seit Jahren, den Stadtverordneten der Anderen das McKinsey-Gutachten vorzulegen, das immerhin erklärtermaßen die Grundlage für den Transformationsprozess des Klinikums darstellt.


Frage 2:
Eine weitere Möglichkeit zur Erwirtschaftung eines positiveren Betriebsergebnisses wurde (oder wird?) von der Geschäftsführung in der Gründung von Tochtergesellschaften und der Ausgründung von Teilbereichen des Klinikums gesehen. Im Gegensatz zu den Beschäftigten des Klinikums gibt es in den Tochtergesellschaften jedoch bisher keine Tarifverträge. D.h., die Einsparungen werden zu Lasten der Beschäftigten erwirtschaftet, in dem diese bei gleicher Tätigkeit schlechter vergütet werden.

Wie stehen Sie zu Ausgründungen von Teilbereichen und zur Gründung von Tochtergesellschaften, die vordergründig das Ziel verfolgen, sich der Tarifbindung zu entledigen, um so Personalkosten einzusparen?

Der Oberbürgermeister und sein Kämmerer sprechen oft vom "Konzern Stadt". Sie versuchen, aus allen städtischen Betrieben möglichst hohe Gewinne zu ziehen. Die höchsten Einsparungen sind bei den Löhnen und Gehältern zu erzielen. Aus diesem Grund hat die SPD-geführte Verwaltungsspitze in den letzten Jahren allerlei unternommen, um Tarifbindungen zu umgehen - übrigens nicht nur beim Klinikum. Ähnliche Aktivitäten gab und gibt es z.B. auch für den städtischen Verkehrsbetrieb und die Pro Potsdam. Die Andere hat bereits seit Jahren kritisiert, dass das städtische Firmengeflecht immer undurchsichtiger wird. Inzwischen werden wichtige Entscheidungen überhaupt nicht mehr in der Stadtverordnetenversammlung diskutiert, sondern allenfalls in nichtöffentlichen Aufsichtsratssitzungen durchgewunken.

Frage 3:
Unser Ziel ist ein Tarifvertrag für das Gesamtunternehmen. Die Arbeitsbedingungen sollen für alle Beschäftigten einheitlich geregelt sein und vergleichbare Tätigkeiten auch gleichermaßen vergütet werden, egal ob sich der Arbeitsplatz im Klinikum, in der Poliklinik oder in einem anderen Tochterunternehmen befindet. Die Geschäftsführung lehnt das ab.

Was halten Sie von einem Tarifvertrag für alle Beschäftigten des Gesamtunternehmens?

Ich würde einen einheitlichen Tarifvertrag begrüßen. Gleiche Arbeit sollte auch gleich entlohnt werden. Außerdem kann ein einheitlicher Tarif die Motivation zur Gründung immer neuer Tochtergesellschaften deutlich reduzieren.

Frage 4:
Im derzeitigen Tarifkonflikt am Klinikum Ernst von Bergmann geht es unter anderem um einen Tarifvertrag für die Beschäftigten der Servicegesellschaft des Klinikums. Die Servicegesellschaft erbringt fast ausschließlich Dienstleistungen für das Gesamtunternehmen. Ca. 40 % der Beschäftigten in der Servicegesellschaft haben nur befristete Arbeitsverträge. Entfristungen sind leider die Ausnahme.

Wie bewerten Sie die Tatsache einer derartig hohen Quote von befristeten Arbeitsverträgen in einem kommunalen Unternehmen?

Ein städtisches Unternehmen sollte eine Vorbildfunktion einnehmen. Dazu gehören dauerhafte, sichere und fair bezahlte Arbeitsplätze. Statt dessen hat der Geschäftsführer Steffen Grebner mit Billigung des Oberbürgermeisters und seiner Schlosskoalition in den letzten Jahren ein Klima der Verunsicherung, Angst und Überforderung im Klinikum geschaffen. Dies ist absolut unzumutbar.

Frage 5:
2006 wurde der Eigenbetrieb der Stadt "Pflegeheim Geschwister Scholl" als "Senioreneinrichtungen Ernst von Bergmann gGmbH" in das Gesamtunternehmen Ernst von Bergmann integriert. Schon damals war bekannt, dass die Einrichtung aufgrund ihrer Größe nicht betriebswirtschaftlich zu führen ist. Sie ist einfach zu klein. Deshalb haben die Beschäftigten der Einrichtung schon 2006 eine Konzeption zur mittelfristigen Standortsicherung und damit zur Sicherung der Arbeitsplätze gefordert. Dieser Forderung ist 2009 durch ein einstimmiges Votum einer Betriebsversammlung nochmals Nachdruck verliehen worden. Bis heute liegt eine entsprechende Konzeption noch immer nicht vor. Die erwirtschafteten Defizite werden durch das Gesamtunternehmen ausgeglichen.

Was können oder würden Sie tun, damit der Forderung der Beschäftigten nach einer Konzeption entsprochen wird?

Natürlich kann ich den Finger in die Wunde legen und ein solches Konzept fordern. Aber solange Herr Jakobs, Herr Exner und Herr Grebner im Amt sind und das Klinikum wie einen Konzern führen, sehe ich kaum realistische Möglichkeiten, grundlegende Änderungen zu erreichen.

Vielleicht sollte Ver.di am 1.Mai 2011 auf dem Luisenplatz ja die SPD mal explizit ausladen, bis sich der Oberbürgermeister glaubhaft für soziale Mindeststandards in den städtischen Unternehmen einsetzt.