Wahlprüfsteine des Potsdamer Behindertenverbandes

1. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist am 26.03.2009 von Deutschland ratifiziert und in Kraft gesetzt worden (auch für Potsdam). Der erste Berichterstattungszeitraum endet bereits am 26.03.2011. Welche konkreten Maßnahmen gedenken Sie, als Oberbürgermeister, in die Wege zu leiten, um die UN-Behindertenrechtskonvention in unserer Stadt umzusetzen?

2. Welcher Zeitrahmen ist dafür vorgesehen und welche Meilensteine beinhaltet dieser?

3. Wie gedenken Sie, mit diesem Thema bereichsübergreifend und interdisziplinär in der Verwaltung bzw. in der Politik umzugehen?

4. Wie gedenken Sie, nach der bisherigen Zeit des Schweigens, das Thema gemäß Artikel 8 UN-BRK bewusstseinsbildend in die Potsdamer Öffentlichkeit zu bringen bzw. in Ihrer eigenen Öffentlichkeitsarbeit zu berücksichtigen?

Antwort:

Die Andere setzt sich für eine umfassende Teilhabe Behinderter am öffentlichen Leben ein. Dazu genügt es nicht, Behinderte in die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse zu integrieren. Stattdessen müssen Zugangshindernisse für Behinderte aktiv abgebaut werden, um ihnen eine weitgehend autonome und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.

Unseres Erachtens besteht die wichtigste Aufgabe darin, unabhängig von Kostenerwägungen bei sämtlichen öffentlichen Planungs- und Baumaßnahmen die Zugänglichkeit auch für Behinderte sicherzustellen. Eklatante Versäumnisse wie z.B. beim Bau des neuen Theaters sind auf mangelnde Prüfung der gesetzlichen Vorgaben und fehlende Beteiligung der Betroffenen zurückzuführen. Daher halten wir bei großen Bauvorhaben eine frühzeitige Beteiligungsmöglichkeit für Behindertenverbände, -beauftragte und -beiräte für sinnvoll.

Seit Jahren fordern wir einen barrierefreien Umbau der Bürgerhäuser z.B. im Rathaus Babelsberg und in Bornim sowie funktionierende Aufzüge in der Bibliothek und der Stadtverwaltung. Das Stadthaus ist für alle mobilitätsbeschränkten Personen eine Zumutung. Hier sollte im Innenhof neben dem Haupteingang dringend ein auf kurzem Wege zugänglicher Aufzug eingebaut werden. Diese Maßnahmen müssen unabhängig von bevorstehenden Umbauten erledigt werden. Sicher wird dies nicht vollständig kurzfristig möglich sein. Allerdings sieht Die Andere gute Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Fördermitteln z.B. aus dem Programm „Soziale Stadt". Insbesondere für das Rathaus Babelsberg sollte geprüft werden, ob die Maßnahmen durch den freien Träger kurzfristig realisiert und durch erhöhte Zuwendungen in den Folgejahren ausgeglichen werden können.

Eine besondere Herausforderung sehen wir in der Schaffung von barrierefreiem Wohnraum. Neben einem verstärkten Engagement der Pro Potsdam halten wir es für sinnvoll, bei privaten Investoren schon in der Planungsphase auf einen Mindestanteil barrierefreier Wohnungen zu drängen.

Die Diskussion um Natursteinpflasterstraßen war in den letzten Jahren immer wieder von Versuchen gekennzeichnet, die verbrieften Rechte von Behinderten in Frage zu stellen, um ein vermeintlich ästhetischeres Straßen- und Landschaftsbild durchzusetzen. In derartigen Konflikten mit großem öffentlichen Interesse sollte verdeutlicht werden, dass Kompromisse nur möglich sind, wenn die Mobilität aller Verkehrsteilnehmer gewahrt ist und dies nach Auffassung der Behindertenvertreter durch die Planungen auch garantiert werden kann. Die Andere hat in den letzten Monaten im Pflasterstreit in der Mangerstraße immer öffentlich die Position vertreten, dass die Gestaltung von Straßen nur solange mit der Anwohnerschaft verhandelbar ist, wie die Nutzbarkeit für mobilitätsbeschränkte Personen nicht in Frage gestellt ist.